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Lost Places Quadrologie – Verlassenes in Sachsen-Anhalt

Oli in Sachsen-Anhalt - Hexe
Hexen hexen im Harz

Mein Blick auf eine unterschätzte Region

Das Land der Frühaufsteher, das Land von Martin Luther, Bauhaus-Land, ein Land, das modern denkt. So gibt sich Sachsen-Anhalt in seiner offiziellen Außendarstellung. Doch wie wird es gesehen? Das Reiseportal Travelbook ermittelte 2021 per Umfrage das schönste Bundesland. Sachsen-Anhalt landete weit hinten. Nur Bremen und Berlin schnitten schlechter ab.

Nach einem Jahr intensiver Recherche in der Region, dutzenden Erkundungen und unzähligen Kilometern "über Land" kann ich dieses Ergebnis nicht nachvollziehen. Für mich ist Sachsen-Anhalt das am meisten unterschätzte Bundesland. Und ja: Ich habe vor allem verlassene und unheimliche Orte gesucht. Doch viele davon liegen inmitten beeindruckender Landschaften, in Dörfern mit Alleen, in Städten voller Geschichte, im bezaubernden Tal der Saale oder den Höhen des Harzes.

Oli in Sachsen-Anhalt - Schlossruine Tylsen
Schlossruine Tylsen in der Nähe von Salzwedel

Der vierte Band: Es ist nun eine Quadrologie

Lost & Dark Places Sachsen-Anhalt ist bereits mein vierte Band aus der Reihe, die im Bruckmann Verlag erscheint. Nach den Erkundungen in Mecklenburg, Vorpommern und meiner westlichen Heimat, dem Münsterland, war dies nun die erste Region, die mir nicht auf Anhieb vertraut war. Doch gerade die Neugierde auf Unbekannte war für mich ein zusätzlicher Reiz. Nun sind die Lost Places zu einer Quadrologie geworden – eine literarische Spurensuche quer durch Deutschland in Ost und West.

Weshalb ausgerechnet Sachsen-Anhalt?

Nach meinen bisherigen Bänden über Mecklenburg, Vorpommern und das Münsterland war es zunächst gar nicht geplant, dass ich auch über Sachsen-Anhalt schreibe. Wegen eines anderen Buchprojekts musste ich die erste Anfrage des Verlags ablehnen. Im Herbst 2024 ergab sich dann doch die Möglichkeit, und ich konnte starten – mit großer Neugier, aber auch einer gewissen Unsicherheit: Würde ich Zugang zu dieser Region finden, die mir bislang wenig vertraut war?

Ich entschied mich dafür. Denn ganz so fremd war mir Sachsen-Anhalt nicht. Meine Schwiegereltern wohnen wenige Kilometer vom Dreiländereck Sachsen/Thüringen/Sachsen-Anhalt entfernt. Auf den Fahrten dorthin lernet ich das Bundesland bereits kennen, auch bei Fahrten über Land, etwa durch die Altmark. Für die Recherche zum Buch konnte ich meine regelmäßigen Pendelfahrten von Ost noch West mit nur geringen Umwegen ebenfalls durch Sachsen-Anhalt verlegen.

Oli in Sachsen-Anhalt - Gernrode
FDGB-Erholungsheim "Fritz-Heckert" in Gernrode

Eine Winterreise

So ergab es sich, dass ich in der Vorweihnachtszeit die Region um Zeitz und Halle erkundete, eine Lost-Place-Tour wurde sogar am Vormittag des Heiligen Abend sum Familienausflug. Anfang Januar folgte ein Kurzaufenthalt im Harz, besonders reizvoll: es war genau an den wenigen Schneetagen im vergangenen Winter, das war auch für die Fotos der Orte passend.

Mit jedem Besuch wuchs die Liste meiner Fundorte:

  • die Überreste des größten Atomkraftwerkes der DDR in der Nähe von Stendal
  • eine alte LPG bei Arendsee
  • eine alte Skisprungschanze im Harz
  • eine unvollendete Kanalschleuse
  • einen mystischen Urnenfriedhof mit Krematorium in Dessau

Und ganz nebnbei entdeckte ich die schönen Fachwerstädte Quedlinburg, Wernigerode und Naumburg und die alten Hansestädte Stendal und Tangermünde.

Und manchmal fügte sich das Private ins Historische: In Bernburg etwa, wo Till Eulenspiegel einst die anhaltinischen Fürsten im Schloss belustigte, besaß ein Urururgroßvater von mir einen Steinbruch. Mehr als die Adresse einer ehemaligen Verwaltung, die nun in anderer Funktion genutzt wird, konnte ich aber nicht herausfinden. Der Lost Place in der Nähe, eine alte Autosattlerei für Trabi-Sitze, schaffte es auf die Titelseite des Buches.

Oli in Sachsen-Anhalt - Ringofen Elbe-Parey
Hoffmannscher Ringofen in Elbe-Parey

Geschichte, die unter die Haut geht

Aber nicht nur das Erlebnis vor Ort, auch die historische Tiefe vieler Lost Places hat mich berührt. Am Schreibtisch tauchte ich ein in Jahrhunderte von Geschichte: in die Zeit Ottos des Großen, der frühen Industrialisierung, von Adelsgeschlechtern im 17. Jahrhundert und Hexensagen im Mittelalter. Für viele Orte ist aber auch die jüngeren Geschichte relevant, aus der DDR und nach der Vereinigung.

Und natürlich schwingt bei vielen einst prächtigen Gebäude der Gedanke mit, was man dort alles machen könne. Bei einigen prunkvollen Ziegelgebäuden aus der frühen Industriezeit und den mondänen Hotel- und Ferienanlagen im Harz beispielsweise. Gerade diese Orte rühren mich an und wecken häufig meine Fantasie. Auch mein Bedauern, dass es sich offenbar nicht lohnt solch einen Ort zu erhalten oder wieder herzurichten.

Doch das Nebeneinander von bröckelnder Substanz und schöner Landschaft, von historischer Tiefe und gegenwärtiger Vernachlässigung hat für mich eine ganz eigene Anziehungskraft. Ich hoffe, dass mein Buch auch dazu beiträgt, den Blick auf Sachsen-Anhalt zu ändern und dazu einläd, die Region zu erkunden.

Keine Lesung ist auch keine Lösung ...

Leider konnte ich bisher noch keine Termine für Lesungen vereinbaren. Ich hoffe bald auch aus diesem Band Lesungen mit Fotovortrag anbieten zu können.

Nach dem Buch ist vor dem Buch

Die Reisen durch Sachsen-Anhalt liegen nun hinter mir und neue Projekte warten. Das nächste Buch führt mich auf märchenhafte und sagenumwobene Wanderwege durch Mecklenburg. Etwas weniger morbide vielleicht, aber das Abenteuer bleibt.


Cover Lost & Dark Places Sachsen-Anhalt

Lost & Dark Places Sachsen-Anhalt ist im September 2025 im Bruckmann-Verlag erschienen und überall im Buchhandel sowie im Shop vom Verlag Blogwerk erhältlich. Es versammelt 33 vergessene, verfallene und unheimliche Orte in einer Region, die mehr Aufmerksamkeit verdient.

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