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Veni, vidi vidi 11 – Vegan? Warum machst Du das?

Vegane Bowl
Vegane Bowl, Foto: Raphael Loquellano, auf pexels

Häufig, wenn ich erwähne, dass ich mich vegan ernähre, stellt mein Gegenüber überrascht die Frage:
„Warum machst du das?“

Doch während ich noch innerlich meine Gründe sortiere – einen passenden auswähle, der sowohl zur Situation als auch zur vermuteten Bereitschaft meines Gegenübers passt – höre ich schon den Startschuss zu einem kleinen Monolog:

„Also, ich könnte das ja nicht! Das ist doch ganz schön extrem. Aber Avocado! Und die ganzen Zusatzstoffe! Und es soll doch auch schmecken! Darf man denn gar nichts mehr genießen, außer Salat? Oder isst du lieber Gras? Haha, war nur ein Scherz, aber sag doch mal…“

„Äh, Umwelt, Tiere, aber mach du es doch, wie du möchtest. Oh, schau mal, es regnet wieder …“

Das war natürlich keiner der Gründe, die ich als Antwort auf die ursprüngliche Frage gewählt hätte. Aber der anschließende Monolog zeigt mir meist unmissverständlich: Du möchtest es lieber nicht wissen.

Die Frage war rhetorisch, vielleicht auch nur unbedacht. Und meine kurze Denkpause reicht aus, um in Gedanken das Worst-Case-Szenario durchzuspielen:
„Oh je, jetzt fängt der gleich mit Tierleid an. Ist ja auch wirklich nicht schön, was da passiert. Aber da mag ich jetzt, über meinem Schnitzel, lieber nicht drüber nachdenken. Wie komm ich da bloß wieder raus? Ah, so: Also, ich könnte das ja nicht!

Ich spreche das Thema nicht gerne an. Aber die Frage stellt sich in meinen Alltag häufig

Ich rede nicht gerne ungefragt über veganes Essen. Doch beim gemeinsamen Essen lässt sich das Thema nicht immer vermeiden. Und aus Höflichkeit oder Bequemlichkeit „nur“ vegetarisch zu bestellen – das mache ich schon lange nicht mehr.
Nein, das Vorurteil „Der Veganer sagt es dir sowieso“ gilt bei mir äußerst selten. Meistens werde ich gefragt. Auch wenn die Frage eigentlich gar keine Antwort erwartet.

Seltene, aber kostbare Gespräche

Manchmal aber, sehr selten, entsteht tatsächlich ein echtes Gespräch. Eins, bei dem ich meine Argumente sachlich ausführen kann und gehört werde. Und je länger ich mich mit veganer Lebensweise beschäftige, desto mehr Gründe für eine vegane Lebensweise habe ich gefunden. Gründe, die mir vernünftig erscheinen.

Und ehrlich gesagt: Fast alle Argumente, die dagegen vorgebracht werden, sind aus meiner heutigen Sicht Vorwände. Kaum jemand kommt mit einem wirklich validen Einwand.
Aber selbst in diesen "guten" Gesprächen bleibt oft ein fader Nachgeschmack. Denn selten habe ich das Gefühl, mein Gegenüber wirklich überzeugt zu haben. Ich missioniere nicht gerne. Aber ich hoffe natürlich, dass ich mit meinen Argumenten auch etwas anstoße.

Dem Impuls, mich zu rechtfertigen oder meine Position abzuschwächen, um mein Gegenüber nicht zu überfordern, widerstehe ich inzwischen, besser als ich es früher konnte. Meine Hoffnung: Denkimpulse hinterlassen. Immerhin: Selbst eine überzeugte Fleischesserin gestand mir neulich, dass der „Vönerteller“ mit Seitanschnipseln doch überraschend lecker war. Fast kein Unterschied!
Auch wenn danach der Satz kommt: „Ach, ich könnte doch mal wieder einen richtigen Döner essen.“

Meine stille Frage dazu: Was ist in diesem Fall "richtig"?

Warum mache ich das nun?

Weil ich der Überzeugung bin, dass eine gute, abwechslungsreiche pflanzliche Ernährung gesünder ist als die durchschnittliche, in Deutschland praktizierte, fleischlastige Mischkost.
Weil mir Essen ohne Milchprodukte besser bekommt.
Weil der Verzicht auf Rindfleisch, Käse und Co. der größte Hebel ist, den ich als Einzelperson gegen die Klimakrise in Bewegung setzen kann.

Und weil ich es mir nicht mehr notwenig erscheint, dass Tiere, die wir „Nutztiere“ nennen, ihr kurzes Leben unter unwürdigen Bedingungen fristen müssen, nur, damit wir ein bestimmtes Geschmackserlebnis bekommen.
Ja, es gibt sie – die Hühner, die sorglos im Garten scharren, die Kühe auf der Almwiese. Offenbar auch Nutztiere. Aber wie hoch ist deren Anteil am Gesamtbestand? Verschwindend gering.

Die Frage, die ich mir oft stelle: Warum machst Du es nicht?

Ganz selten, in einem ehrlichen Moment, komme ich in solchen Gesprächen an einen Punkt, an dem ich zurückfragen könnte: „Und warum machst du es nicht?“
Nach den ersten drei Vorwänden ist das aber meistens hinfällig.

Also bleibt mir die Hoffnung, dass mein Beispiel meinem Gegenüber diese Frage mit auf den Weg gibt, auch, wenn der erste Impuls war, drei Vorwände vorzubringen. Denn natürlich wünsche ich mir, dass meine Argumente überzeugen und mehr Menschen anregen, vegan(er) zu leben. Denn auch wenn ich das Schnitzel auf dem Teller gegenüber nicht esse – mit dem Schwein, das dafür sehr kurz und unter qualvollen Bedingungen gelebt hat, leide ich mit.


"Veni, vidi, vegi" ist meine monatliche Kolumne zu Themen rund um die vegane Lebensweise. Sie erscheint jeweils am ersten Sonntag im Monat. Alle geschilderten Personen und Situationen sind frei erfunden, jedoch inspiriert von tatsächlichen Begebenheiten.

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