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Gartengeschichten: Der erste Abend

Sonneblume groß
Spätsommer-Sonnenblume: Abend im Garten

In der Gartenkolonie am See, am Rande der Stadt, senkte sich die Spätsommersonne gen Horizont. Ein heißer Tag kühlte ab und frische Luft stieg vom See herauf. Einige Äpfel bummten beherzt auf die Wiese, kaum reif genug zum Verzehr, doch bereits wurmstichig und angefault. Es kehrte Ruhe ein. In den Nachbarparzellen war das Tagwerk an Ernten und Jäten getan, die Menschen waren daheim in ihren festen Wohnstätten.

Hier und da klimperten Teller, die ferne Umgehungsstraße mit ihrem Hintergrundrauschen war nun deutlich zu vernehmen. Grillen zirpten, ein Motorrad heulte kurz auf und verstummte wieder. Keine Tauben, nein, es gab wirklich keine Tauben. Kein Gurren, kein aufgeregtes Flügelflattern im Baum. Keine Tauben. Zwar zwitscherte es in den Büschen und vom nahen Park herüber, doch es war kein Gurren zu hören. Auch das Klimpern des matallenen Karabiners gegen den Fahnenmast war verstummt. Denn auch der Wind hatte Feierabend.

Zufrieden betrachtete ich die Beete, befreit von unerwünschtem Kraut, durch die Vorbesitzer der Parzelle, doch teils auch schon durch eigene Hand. Die Büsche kannte ich nun mit Vornamen. Die verblühten Pfingstrosen, die prächtigen Hortensien, den Hibiskus, den Flieder, den Sommerflieder, den noch gut bestückten Brombeerbusch, die abgeernteten Johannisbeersträucher und wie hieß noch mal der eine, dort in der Ecke? Ach ja, die Forsythie. Die kennt man ja sonst nur in Gelb, im Spätsommer ist sie inkognito.

Die To-Do-Liste war schon lang. Die To-Buy-Liste ebenso. Handschuhe! Das Wichtigste für den Start waren die Handschuhe. Woher sollte man als Garten-Rookey auch wissen, dass die meisten Büsche Dornen haben? Nicht nur die Rosen. Auch lernte ich bereits, dass alles, was auf Dingen rankt, die man nicht berankt haben möchte, sich beim Abgeschnittenwerden wehrt. Und zwar durch seltsame Sekrete, die der Haut nicht gut tun. Ackerwinde, Efeu, sie waren die unerfreulichen Begegnungen an Tag 1 in der Parzelle in der Gartenkolonie am See, am Rande der Stadt.

Doch morgen ist ein neuer Tag, dann bin ich wieder hier. Besser ausgerüstet!


Die Gartengeschichten, auftretende Personen, Situationen und Gegebenheiten, auch die Person des fiktiven Ich-Erzählers, sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und real existierenden Gartenkolonien sind rein zufällig.

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Ich, Oliver Hübner (Wohnort: Deutschland), verarbeite zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in meiner Datenschutzerklärung.
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