Grenzkontrollpunkt der DDR an der Transitstrecke Hamburg - Berlin
Das war ein abenteuerlicher Ausflug ins westliche Mecklenburg. Am Bahnhof Schwanheide, wo heute Regionalzüge halten, die Schnell- und Güterzüge durchrauschen, steht ein hässlicher Betonklotz. Die Fenster sind scheibenlos, doch vergittert, die Wände beschmiert, Schutt lagert auf dem Gelände, seit vielen Jahren schon, wie es aussieht. Verkauft wurde es an verschiedene Investoren, eine wirtschaftliche Nutzung scheint kaum umsetzbar. In den 1980-er Jahren waren hier die Grenztruppen der DDR untergebracht. Sie kontrollierten alle Züge auf der Transitstrecke Hamburg - Berlin und im grenzüberschreitenden Verkehr. Das taten sie äußerst penibel, berichtete Norbert Weise, der ehemalige Fahrdienstleiter der Deutschen Reichsbahn.
Es war ein Tag im Mai bei schönstem Frühsommerwetter. Am Bahnhof Schwanheide war ich mit einem Team vom NDR für Dreharbeiten für einen Beitrag der Sendung Nordtour verabredet. Auch Norbert Weise war eingeladen, aus seiner Zeit als Reichsbahner in Schwanheide zu berichten. Als ich ankam, surrte schon die Drohne des Kameramanns auf einem ersten Testflug über uns. Wir umrundeten zunächst das Gebäude, das von einem Zaun umgeben ist, der jedoch Schlupflöcher bietet. Das durften wir heute höchstoffiziell, denn das Team vom NDR hatte eine Drehgenehmigung, ausdrücklich auf eigene Gefahr.
Verlassene und unheimliche Orte in Mecklenburg: Auf Lost-Place-Tour
Vor gut zwei Jahren besuchte ich den Ort bereits, es war im Januar 2020. Ich machte Fotos für ein Kapitel meines Buches "Lost & Dark Places Mecklenburg". Damals lagen dunkle Wolken über dem Gebäude, die richtige Stimmung für düstere Orte. Viele der historischen Informationen für das Kapitel fand ich auf der Seite von Norbert Weise.
Das Buch war auch der Anlass, dass ich für die Nordtour als Autor und "Hobby-Historiker", wie es im Beitrag heißt, zu Wort kommen durfte. Es sollte ein verlassener Ort vorgestellt werden, der in Mecklenburg-Vorpommern in der Nähe des Eisernen Vorhangs liegt, der ehemaligen Grenze zwischen Ost und West. Was passt da besser als ein Gebäude der DDR-Grenztruppen? Für mich war hier sogar die erste Begegnung mit meiner heutigen Heimat Mecklenburg, als Transitreisender im Oktober 1988 von Büchen nach Berlin.
Bierdosen, Metalldiebe, erste Vegetation
Nachdem das Gebäude auf der Außenrunde von allen Perspektiven eingefangen war, fanden wir einen Weg ins Innere des Gebäudes, über den vier Herren jenseits der 50 neben ihren Knochen auch die Technik sicher ins Gebäude hieven konnten. Dort mussten wir zunächst im Dunkeln unseren Weg durch allerlei Gerümpel und auch Löcher im Boden finden, beleuchtet von drei Handytaschenlampen.
Ins Treppenhaus fiel etwas Licht und die oberen Etagen waren ebenfalls heller. Einige Lost-Place-Begeisterte, vielleicht auch nur die Dorfjugend von Schwanheide, hatten ihre Spuren hinterlassen. Auch Metalldiebe waren offenbar schon vor Ort, denn Kabel waren an vielen Orten sauber durchtrennt und entfernt worden. Bierflaschen lagen herum, wohl die Reste von Dachpartys, die ersten Spuren einer Vegetation breiteten sich aus, in der feuchten oberen Etage. Abenteuerlich, beeindruckend! Aber auch auch mulmig war mir bei der Begehung. Der Blick auf die knallroten Regionalzüge war durch die vergitterten Fenster der oberen Etagen jedenfalls ein anderer.
Bitte behrzige meinen Rat: Nicht nachmachen, vor allem nicht alleine!
Der Beitrag der Sendung Nordtour über den Besuch in Schwanheide ist in der Mediathek des NDR Fernsehen zu finden, die Sendung wurde am 8. Juni 2024 ausgestrahlt.
*) Mein erster Eindruck vom Gebäude, der auch im Beitrag erscheint, war ein anderer. Nach dem Begehen des Gebäudes war leider klar Hier ist kaum noch eine Entwicklung möglich.